Shoah

Shoa-Gedenkgottesdienst, 31.1.2010 — Thomas Day

Liebe Freunde, wir gedenken in diesem gemeinsamen Gottesdienst der Menschen, die in der Schoah gepeinigt und ermordet wurden.

Wir wollen sie nicht vergessen, die Familien Schaul und Wasserman und Lothar Thekel, von der Annika, Ulrike + Sandra uns vorhin erzählt haben – wofür wir euch danken – und deren unzählige Leidensgenossen.
Denn wie der große chassidische Meister, genannt Baal Schem Tow, „der Meister des guten Namens“, schon im 18. Jahrhundert sagte:

Das Vergessen verlängert das Exil, das Geheimnis der Erlösung aber heißt Gedenken.[1]

So verdeutschen und verdeutlichen manche seine schlichten Worte, über die wir hier vor zwei Jahren schon gesprochen haben.
Im wortkargen Hebräisch sind es nur vier kraftvolle, wie in Stein gemeißelte Worte. Diese stehen über dem Eingang zur Shoah-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem.

lisch’khoach galut, lis’chor ge’ula
Vergessen: Exil; Gedenken: Erlösung

Auf ihrem langen Weg haben die Kinder Israels aus der Torah gelernt, nicht vergesslich zu werden. „Sachor“, Gedenke: 169 mal kommt das Wort im Tenach, der hebräischen Bibel, vor.
Immer wieder wird Israel aufgefordert, alles Gute, was Gott ihnen getan hat, zu gedenken, wie er sie aus der Sklaverei in Ägypten herausgeführt und mit ihnen am Sinai einen Bund, eine richtige Partnerschaft, geschlossen hat.
Auch Gottes früherer Großtaten hat Israel zu gedenken: der Bundesschlüsse, die er mit Noah und seinen Kindern (das sind wir Menschen alle), mit Abraham und seinen Nachkommen schloss, der Barmherzigkeit, die Gott uns Menschen immer wieder gezeigt hat, des ganzen Weges, auf dem der Ewige das jüdische Volk begleitet hat, bis hierher, bis heute.
Wiederholt wird das Volk in der Schrift gemahnt, auch zu gedenken, wie es auf die Liebestaten Gottes geantwortet hat: ob es seinen Anteil an dieser unerhörten Partnerschaft beigetragen hat? ob es das Seine getan hat, um das Leben der Menschen menschlich zu machen?
Gedenken sollen sie auch des Bösen, was ihnen angetan wurde. “Denk daran, was dir Amalek getan hat auf dem Weg, als ihr aus ִÄgypten zogt,” mahnte Mose damals, 40 Jahre danach, zu lesen im 5. Buch der Torah (5. Mose 25:17). In unserem Zeitalter, vor 65 Jahren, hat Amalek Deutsch gesprochen.
Wenn ich an die Verlassenheit und das Leiden der Auschwitz-Gefangenen denke, fehlen mir die Worte.
Wenn es Ihnen auch so geht, dann werden vielleicht auch Sie die Reaktion des Volkes Israel auf das Trostwort des Propheten verstehen, das Ulrike uns vorhin aus dem 49. Kapitel der Jesaja-Rolle vorgetragen hat.
Ich lese ab V. 13 (bis V. 18 inkl.)
Dort leitet der Prophet ein Zwiegespräch zwischen Gott und seinem Volk ein.

13. Jubelt,

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