Gott verleiht Kreativität

Der Münchner Biologe und Jesuit Prof. Christian Kummer zeigt in der „Süddeutschen Zeitung“ (Nr 249, 29.10.2009, S. 18), daß es keinen Widerspruch zwischen der Bibel und der Evolutionslehre gibt, wenn man sich an folgende Einsichten hält:

Gott schafft keine Kreaturen, er schafft Kreativität. Und dazu ist es nötig, dass er den Dingen zuinnerst ist … Der Schöpfer ist darum eben nicht fern, weggegangen, in seinem Himmel, sondern er ist gegenwärtig, überall und in allem. Gott ist ständig — ganz — verschenkt. Das beinhaltet zweierlei: Er ist nicht nur gelegentlich und ein wenig präsent, sondern ständig und ganz. Und er besitzt die Souveränität: Schenken setzt Freiheit und Selbstbesitz voraus.

Gott handelt seiner Schöpfung gegenüber wie ein Künstler, der eine ihn bewegende Idee verwirklichen will … So wie der Künstler die Materie, den Stoff braucht, um seine Idee auszudrücken, braucht Gott die Eigentätigkeit der Geschöpfe, um seinen „Schöpfungsplan“ hervorzubringen.

In der modernen Kosmologie ist kein Platz mehr für Gott! Wie aber, wenn man mit dem Münchener Religionsphilosophen Richard Schaeffler darauf konterte: „Im Wallenstein ist auch kein Platz für Friedrich Schiller“? Er kommt darin nicht vor, und doch ist jede Seite von ihm. Entsprechend könnte Gott beim Lesen im Buch der Welt Kontur gewinnen wie ein Dichter in seinem Werk — vielschichtig zwar und auch widersprüchlich, aber darum nicht minder nachhaltig.